Landgericht Bielefeld: Willkür Nr. 2

Zahlen muß man auch, wenn man nicht geräumt wurde.

oder anders ausgedrückt:

Person A ist an einem Ort, wenn jemand anderes dies an Eides statt versichert, dabei ist es unabhängig ob diese Person nun da war oder nicht.

oder noch deutlicher ausgedrückt:

Dies gilt auch dann, wenn dieser andere den Aufenthaltsort nicht an Eides statt versichert, es reicht aus, wenn ein Richter sich ausdenken kann, daß diese eidesstattliche Versicherung existieren könnte

Diese Art von Straßenbaugerechtigkeit erfuhren jetzt einige Leute, die eher zufällig von der Verfügung betroffen waren. Noch beim Amtsgericht hatten sie geltend gemacht, daß sie am Räumungstag nicht auf dem Gelände waren. Eine Frau hat dort auch nicht gewohnt und sogar mehrere Zeugen dafür angegeben. Dies reicht dem Gericht nicht aus. Im Urteil heißt es:

„ Soweit die Schuldner zu 1. und 5. weiter vortragen, daß sie sich am Räumungstage nicht auf dem zu räumenden Gelände aufgehalten haben, läßt dies eine dahingehende Feststellung, daß sie das Gelände vollständig geräumt hätten, nicht zu.“

Stimmt, und weiter heißt es:

Insoweit sind die Schuldner darlegungs- und beweispflichtig

Genau diese Darlegung ist erfolgt und dem Landgericht sind Beweise angeboten worden. Allerdings nimmt es das Landgericht mit der Beweis- und Darlegungspflicht des Straßenbauamtes nicht so genau. Denn wörtlich heißt es:

Die Gläubigerin hat demgegenüber substantiiert vorgetragen und durch eidesstattliche Versicherungen vom 14.10.98 glaubhaft gemacht, daß die mündliche Räumungsaufforderung auch an die Schuldner zu 1. und 5. ergangen ist.“

Aha, schauen wir doch mal in der eidesstattlichen Versicherung nach. Dort steht:

...Ich habe die Antragsgegner, die sich in den Morgenstunden des 14. 10.1998 auf den Flächen aufgehalten haben, aufgefordert, diese Flächen nebst aufstehenden Baulichkeiten zu räumen und an mich herauszugeben... gez. Brammer

Nirgendwo steht dort, daß Brammer auch die Personen aufgefordert hat, zu räumen, die gar nicht da waren. Warum jedoch kommt das Landgericht zu genau diesem Schluß? Nun, das liegt wohl daran, daß die Richter die eidesstattliche Versicherung gar nicht gelesen haben, sondern nur die folgenden Formulierungen, die die Rechtsanwälte Schulte und Co. bei Beantragung der einstweiligen Verfügung daraus zitierten

...Die Antragstellerin hat die ihr zum Zeitpunkt dert Aufforderung bekannten Besetzer aufgefordert, die im Antrag näher bezeichnete Grundbesitzung nebst aufstehenden Baulichkeiten zu räumen und an sie herauszugeben....

und

Sie (Die Antragsgegner) halten die ....Grundbesitzung besetzt. ... Glaubhaftmachung: anliegende eidesstattliche Versicherung.

Man sieht, daß die anliegende eidesstattliche Versicherung diese Aussage, daß quasi alle Antragsgegner, also, daß auch die, die nicht da waren, zur Räumung aufgefordert wurden, nicht untermauert. Gleichwohl war diese Aussage nun in der Welt. Um Mißverständnisse zu vermeiden, schrieben wir, daß die nicht anwesenden Beklagten auch nicht aufgefordert wurden und boten Beweise an. Tatsächlich antwortete auch die Gegenseite. So stellten die Anwälte des Straßenbauamtes in einem Schreiben an das Gericht fest,

daß es zutrifft, daß Frau Esser am Tage der Räumung nicht vor Ort war.

In Kenntnis von Briefen, der Straßenbauamtsanwälte, in denen zugegeben wird, daß Frau Esser am Tage der Räumung nicht zur Räumung aufgefordert wurde,

- in Kenntnis der Aussage von Frau Esser selbst, daß sie am Tage der Räumung nicht da war

- in Kenntnis mehrerer entsprechender Beweisantritte(z.b. des Arbeitskollegen von Frau Esser vom 14.10.98

urteilen die Richter, daß es eine eidestattliche Versicherung vom 14.10.98 gibt, die behauptet, Frau Esser seie am Tag der Räumung mündlich zur Räumung aufgefordert worden.

und das, obwohl in der zitierten eidesstattlichen Versicherung dies genau nicht drin steht.

Offensichtlich ist das vom Straßenbauamt zur Verfügung gestellte „Beweismaterial“, daß wir eine Kostentragungspflicht für die Hüttendorfräumung haben, so dünn, daß die Bielefelder Landrichter sich Argumente ausdenken müssen, um uns zu den Kosten zu verurteilen. Schließlich müssen bezogen auf diesen Fall nur die Leute zahlen, die die Räumungskosten verursachten - diese müssen also mindestens dagewesen sein und trotz Aufforderung geblieben sein. Das trifft auf Frau Esser nicht zu.