Rede 1

Nun sind wir also beim Kompetenzzentrum von Halle angekommen. Hier werden die Widersprüche zwischen Arm und Reich, Widersprüche zwischen Staat und Gesellschaft, Widersprüche zwischen Behörde und Untertan aufgelöst. Es wird sogenanntes Recht gesprochen. Das ist aber - zumindest - bei diesem Gericht nichts anderes als die Tätigkeit die vor gut 2000 Jahren vom Orakel in Delphi auch ausgeübt wurde. Damals schauten die Leute ins Feuer, heute ziehen sich die Halbgötter schwarze Mäntel an und schwuppdiwupp wird aus Stammtischgeschwätz Gesetzesauslegung. Welches Höchstmaß an Kompetenz von den Halbgöttern und den zuarbeitenden Engelchen ausgeübt wurde, konnten wir bei den Räumungskostenprozessen intensivst erfahren. Da ist es z. B. normal, wenn Frau.... einem den Betrag von 150 Euro Gerichtsgebühren erklärt., obwohl man nicht nach dem Grund für 150 Euro sondern nach der Zahlungspflicht von 83 Euro gefragt hat. Es ist auch normal, daß aufgrund eines simplen Buchstabierfehlers in der Räumungsverfügung ein beispielloser Aktenvorgang losgetreten wird, erst bemüht man sich die vor 5 Jahren verschickten Zettel zurückzubekommen, offensichtlich ohne daran zu denken, daß es in der außergerichtlichen Gesellschaft solche netten Errungenschaften wie Papierkörbe anstelle von Aktenschränken gibt, und als man dann merkt, daß keiner dem Gericht die falschen Akten zurückschickt ist man erbost, erklärt einfach die Ungültigkeit der alten Zettel, schreibt neue Zettel, auf denen man erst tagelang rumsuchen muß, um ünberhaupt den Buchstabierfehler zu bemerken, vergißt dann in der Hektik, den neuen Zettel durch eine Unterschrift gültzig zu machen und reagiert dann auf die entsprechenden Widersprüche getreu dem Gottesgnadentum dieser Haller Behörde mit dem Bescheid: "Gegen die Briefe des Amtsgerichts Halle ist kein Widerspruch möglich."
Nun zum Thema:
Das Straßenbauamt hat beantragt, daß Tina und ich heute entweder jeder einen viertel Meter Autobahn bezahlen sollen , das ist dann insgesamt ein halber Meter oder umgerechnet 13000 Euro oder aber den Offenbarungseid leisten. Diese Forderung wurde damals vom Straßenbauamt als Räumungskosten tituliert und in prozeßbetrügerischer Weise juristisch durchgesetzt. Wenn wir der Forderung nicht nachkommen, hat das Straßenbauamt beantragt, uns solange in Haft zu nehmen, bis unser Wille gebrochen ist. Tina wird einen Offenbarungseid machen, ich nicht. Das mag auf den ersten Blick wie ein Widerspruch erscheinen, und es ist tatsächlich auch nicht ganz einfach ihn aufzuklären.
Es ist unbestritten, seitdem gegen mich der Haftbefehl in Kraft ist, steht dieser in der Schufa, also würde eine Weigerung, den Offenbarungseid abuzulegen und meine Zahlungsunfähigkeit in der Schufa zu belegen, keine zusätzlichen ökonomischen Verschlechterungen bringen. Da ich sowieso nichts habe, ist auch dieses kein weitergehender Nachteil. Da wäre es doch nur konsequent, auf die Erzwingungshaft zu verzichten. Denn Haft ist ein äußerst mieses Repressionsmittel und man sollte bestrebt sein, darum herum zu kommen. Und das stimmt, den Offenbarungseid zu machen ist EINE richtige Konsequenz. Wenn das Straßenbauamt so geil darauf ist, unsere Vermögensaufstellung zu haben, zu wissen, daß wir zwei Beutel Müsli, eine Kilopackung Erbsen usw haben, sollen sie das doch wissen. Ehe der Kuckuck auf dem Müsli klebt ist es schon verspeist, man ist nicht im Knast. Und in Freiheit ist es gemütlicher zu leben und es ist deutlich effektiver, Widerstand gegen dieses ganze Scheißsystem zu leisten. So richtig diese Handlungsweise ist, den Offenbarungseid unter Knastrisiko nicht zu machen, ist auch eine Perspektive, zugegeben, keine des schönen Lebens, aber eine des realistisch kalkulierten Widerstands ... und auch eine mit der Zukunftsperspektive, dieser Straßenbauamtsrepression endgültig Gegenmacht entgegen zu setzen.

Bei diesem Verfahren, bei dem schon sehr viele Menschen wissen, daß es nur mit Lug und Betrug zu dieser Kostenforderung gekommen ist, kommt es darauf an, daß es im Gebälk knirscht. Es knirscht nicht, wenn der allgemein akzeptierte Automatismus greift, erst Forderung, dann Offenbarungseid, dann hat das Straßenbauamt hat zwar kein Geld, aber es hat das Siegessymbol und es hat das Ende der Auseinandersetzung definiert und zwar jetzt mit dem heutigen Tag. Es kann aber knirschen, wenn das Straßenbauamt in Legitimationsnot gerät, warum denn Leute in Haft genommen werden müssen, obwohl nichts zu holen ist. Auch wird vielleicht mal nachgefragt, warum wir für Dinge bezahlen sollen, für die wir nicht verantwortlich sind, wie z. B. den Abtransport vom Müll des Straßenbauamts.

Natürlich, wenn die Weigerung, einen Offenbarungseid abzulegen, zu 100 % im Knast endet, ist dieses nichts als Märtyrertum. Das allerdings ist in einer solidarischen Gesellschaft abzulehnen, es muß eine Freiheits- und Lebensperspektive für alle Betroffenen geben.
Wenn ich nicht sehr große Chancen sehen würde, den Offenbarungseid zu verweigern und dem Knast zu entkommen, würde ich das wohl nicht machen. Ich setze da ganz auf eine etwas kaputte, weil etwas humane, Schraube in diesem maschinenhaften Justizsystem, das ist der Gerichtsvollzieher Herr Becker, der gedroht hat, mich unverzüglich zu verhaften, wenn ich keinen Offenbarungseid leiste. Ich hatte nun schon einige Monate mit diesem Herrn zu tun. Herr Becker weiß genau, wie diese Forderung zustandegekommen ist, er weiß, daß dieses Betrug ist, der von den Richtern legalisiert wurde. Herr Becker versteht auch selbst nicht, warum der Haftbefehl nun vollstreckt werden soll, obwohl nichts zu holen ist.

Aber der Herr Becker ist Gerichtsvollzieher und er sagte mir auch, er könne nicht einfach so einen Haftbefehl verweigern und er hat wirklich alles versucht, um mir den Offenbarungseid so schmackhaft wie möglich zu machen.
Sorry, Herr Becker es geht nicht anders.
Manchmal gibt es eben Zwangssituationen. Bis jetzt war ich in einer solchen, jetzt sind Sie es. Sie müssen entscheiden, ob Sie mich verhaften wollen, obwohl das Unrecht zum Himmel stinkt. Sie müssen nun entscheiden, obwohl hier öffentlich protestiert wird. Wollen Sie zum Kumpel dieser Verbrecher aus dem Straßenbauamt werden? Zeigen Sie Courage und verweigern Sie die Verhaftung! Im übrigen ist eine Verhaftung kein juristischer Automatismus. Nach der ZPO darf eine Verhaftung nur durchgeführt werden, wenn das Gut der Freiheitsbeschneidung weniger wichtig wie das Interesse des Gläubigers an seinem Geld ist. Es ist offensichtlich, daß der Gläubiger kein Interesse an unserem Geld hat, sonst hätte der Gläubiger vielleicht eine Zwischenlösung gesucht. Sein Interesse ist es, sich an uns für das Hüttendorf zu rächen. Dieses Racheinteresse wird von der Rechtsordnung aber nicht gedeckt. Für eine Verhaftung ist auch ein Rechtsschutzinteresse an der Offenbarung unserer Vermögensverhältnisse notwendig. Das hat das Straßenbauamt nicht, weil offensichtlich ist, daß bei uns nichts zu holen ist. Drittens darf Zwangshaft nur dazu benutzt werden, uns zum Offenbaren der Vermögensverhältnisse zu zwingen. Hier geht es jedoch um eine Gewissensentscheidung. Ich will dieses verdammte Siegessysmbol der eidesstattlichen Versicherung nicht anerkennen. Haft zum Brechen von Gewissensentscheidungen ist nicht vorgesehen. Sie sehen, Herr Becker, Sie haben durchaus Möglichkeiten, nach Ihrem Gewissen zu entscheiden, Courage zu zeigen, ohne dienstrechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen. Natürlich, ein bischen mutig wäre das schon. Sie wären dann neben dem Landtagspräsidenten der zweite Mensch aus dem Behördenapparat, der anerkennt, daß hier wohl einiges falsch gelaufen ist.

Zum Schluß noch was zu meiner Entscheidungsalternative:
Ich finde beide Entscheidungen richtig, Offenbarungseid zu leisten, deren Symbole zu negieren und sie woanders anzugreifen. Ich finde es aber ebenso richtig, auch diese Symbole zu bekämpfen. Ich glaube, meiner langen Rede kurzer Sinn und unser beider Anliegen ist vielleicht am besten in einer Passage des Liedes von Klaus dem Geiger zusammengefaßt: Wir wollen euren Schwindel nicht hören, wir wollen ihn zerstören, so oder so

Rede 2

Unser Problem ist nicht diese Geldforderung. Die ist so hoch, daß sich niemand von uns ernsthaft damit auseinandersetzt. Wir sind fasziniert davon, wie wenig Mühe sich die Richter - insbesondere die des Landgerichts Bielefeld - gegeben haben, wenigstens den Anschein zu erwecken, zurechnungsfähig zu sein. (die besten davon heißen Schulten, Maring und Haddenhorst) Das meine ich ernst, so naiv zu denken, daß es im Rechtsstreit "ChaotInnen gegen BRD" einen unvoreingenommenen Prozeß gibt, waren wir wirklich nicht. Aber daß die Richter nicht mal bei klaren Verstand sein müssen... Oder wie sonst lassen sich solche Passagen erklären?
Die Absurdität des Ganzen bringt immer wieder Leute dazu, zu fragen, ob man denn gar nichts machen kann. Juristisch nicht, die Rechtsmittel sind bis auf den europäischen Gerichtshof ausgeschöpft.
Aber durch Öffentlichkeit. Die Justiz hatt sich in ihrem Bestreben, es den Herren vom ASNA recht zu machen, etwas zu arrogant verhalten, so daß nun auch die blutigsten Laien die Urteile lesen und verstehen können, daß reale Fakten gar keine Rolle mehr spielten. Und das ist einer unserer Pluspunkte. Denn diese Leute, die vorher noch an unser Rechtssystem glaubten, (solls immer wieder geben), genau diese Leute werden durch sowas ernsthaft geschockt. Und unser "Rechtssystem" funktioniert nur, wenn es die Fassade der Gerechtigkeit aufrechterhalten kann. Und genau das geht nicht mehr.

Liebe Leute, seht euch die Urteile an, fragt beim Amtsgericht Halle, Bielefeld, beim Straßenbauamt und beim Obergerichtsvollzieher Becker nach. Laßt es euch erklären. Wir machen jetzt den finanziellen Offenbarungseid, den geistigen aber haben die Herren Straßenbauer und Richter schon lange gemacht.
Begrabt mein Hirn an der Biegung der Trasse


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